Almuth Schult

16. Februar 2024

"Ohne engagierte Förderer kommen Sportler nicht weiter."

Interview mit Almuth Schult, Fußball-Nationaltorhüterin

Die Fußball-Nationaltorhüterin ist Jury-Mitglied beim VW FS-Nachwuchsförderprogramm. Im Interview spricht sie über ihre größten Unterstützer, ihre Rolle als Fernseh-Expertin und den Traum von Olympia in Paris. 

Almuth Schult

Fußball-Nationaltorhüterin

Almuth Schult

Sie gehört zu den bekanntesten und beliebtesten Sportlerinnen Deutschlands. Das liegt an ihrer Rolle als Fernseh-Expertin in der ARD, vor allem aber auch an ihrer Karriere im Fußball der Frauen. Die 32-Jährige ist Nationaltorhüterin, wurde mit der deutschen Mannschaft Olympiasieger und Europameister. Und mit dem VfL Wolfsburg gewann sie die Meisterschaft, den DFB-Pokal und die Champions League. Im vergangenen Jahr kehrte sie nach einem Gastspiel in Los Angeles bei Angel City FC nach Deutschland zurück und ist seitdem ohne Verein. Almuth Schult ist verheiratet und hat drei kleine Kinder – und sie ist Jury-Mitglied beim VW FS-Nachwuchsförderprogramm. Im Interview spricht sie auch darüber, wie wichtig Förderung und Unterstützung im Beruf wie im Privatleben sind.

Almuth, warum engagierst du dich als Jury-Mitglied im Nachwuchs-Förderprogramm von Volkswagen Financial Services?

Aus Erfahrung weiß ich: Ohne engagierte Förderer und Förderung kommen Sportler irgendwann nicht mehr weiter. Oft spielt es dann auch eine Rolle, wieviel Geld sie als Unterstützung bekommen, um zum Beispiel Fahrten zum Training und zu Wettkämpfen oder Sportgeräte, Trainer oder auch Trainingslager finanzieren zu können. Das kann einen riesigen Unterschied machen und entscheidend dafür sein, ob sie es nach ganz oben schaffen. Deshalb freue ich mich, als Jury-Mitglied das Sport-Nachwuchsförderprogramm von Volkswagen Financial Services zu unterstützen, junge Sporttalente mit auszuwählen und ihnen damit vielleicht den Weg an die Spitze zu ebnen 

Nun ist das Sport-Nachwuchsförderprogramm von VW FS nicht auf Fußball ausgerichtet. Warum unterstützt du als Vollbut-Fußballerin es trotzdem?

Ich finde es gut, dass Fußball keineswegs Hauptbestandteil dieses Programms ist, sondern vielmehr Sportlerinnen und Sportler aus öffentlich weniger beachteten Disziplinen in den Mittelpunkt rückt. In diesem Jahr zum Beispiel unterstützt das Programm 30 junge Talente aus 19 unterschiedlichen Sportarten – von Badminton über Kanu und Rudern bis zu Sportklettern. Außerdem gefällt mir, dass sich die jungen Sportlerinnen und Sportler per Video selbst vorstellen - und zwar nicht nur ihre Sportart, sondern auch sich selbst und damit ihre persönliche Lebenssituation. Das alles zu berücksichtigen, bedeutet nicht nur, die Qual der Wahl zu haben zwischen ganz hervorragenden jungen Talenten, sondern das ist auch spannend, lehrreich und macht Spaß.            

Wer war denn dein größter Förderer?

Zu Anfang waren es natürlich meine Eltern – ohne sie hätte ich es nicht so weit geschafft. Dafür bin ich ihnen ewig dankbar. Dazu muss man wissen: Ich bin das jüngste von vier Kindern und habe dennoch von meiner Mutter und meinem Vater immer die Unterstützung bekommen, die ich brauchte. Und im Alter von 16 Jahren haben sie es mir dann erlaubt und auch ermöglicht, aus meinem Elternhaus in einem 120 Einwohner zählenden Dorf im Wendland  aus- und in Hamburg in eine Ein-Zimmer-Wohnung zu ziehen, um mich beim HSV im Kader der Bundesliga-Mannschaft zu beweisen. Das ist nicht selbstverständlich - und wer weiß, wie alles gekommen wäre, wenn ich diesen Schritt nicht hätte wagen dürfen. Heute helfen sie meinem Mann und mir bei der Betreuung unserer drei Kinder, genau wie der Rest der ganzen Familie.

Und wer war später, als du den Sprung ins Fußballgeschäft schon geschafft hattest, dein größter Förderer?

Das war vermutlich Michael Fuchs, der Torwart-Trainer der Nationalmannschaft. Er hat mich nicht nur sportlich weiterentwickelt, sondern mir auch in der Entwicklung meiner Persönlichkeit unglaublich geholfen. Ich konnte mit jedem Thema zu ihm kommen und mir Rat holen. Dazu ist er ein herausragender Trainer, ohne ihn wäre ich sportlich nicht ganz nach oben gekommen. Vorher hatte ich auch schon viele gute Trainer, die mir vor allem vermittelt haben, den Fußball nie als Belastung, sondern immer als Spaß zu sehen.

Bekannt und beliebt bist du als Expertin rund um Fernsehübertragungen vor allem bei der ARD, auch bei Partien der Frauen-Nationalelf. Gleichzeitig bist du Teil dieser Nationalelf und setzt Dich für die Interessen der Mannschaft ein, obwohl zurzeit nicht aktiv. Wie vermeidest du Interessenkonflikte?    

Die gäbe es, wenn ich im Fernsehen Interna ausplaudern würde. Dann würde ich mir zu Recht den Unmut der Mannschaft zuziehen. Ich denke aber, dass es bis jetzt keinen Konflikt gab und ich das gut trennen kann. Schließlich kann man über sportliche Leistungen sprechen, ohne jemanden zu denunzieren. Und um sachliche Analysen geht es nun mal im Fernsehen. In der anderen Rolle versuche ich selbstverständlich, der Mannschaft mit Rat und Tat zu helfen.

Du hast vergangenes Jahr in einem Interview gesagt, die Olympischen Sommerspiele Mitte 2024 in Paris wären noch mal ein Traum. Besteht der noch, obwohl du zurzeit nicht in einem Verein trainierst und spielst?  

So schnell gibt ein Olympionike nicht auf. Und es ist auch noch ein bisschen Zeit, fit zu werden und einen Verein zu finden.  Als erstes muss sich die Mannschaft ohnehin Ende Februar gegen Frankreich qualifizieren. Zurzeit trainiere ich hauptsächlich zu Hause. Ich habe einen Kraftraum im Haus, den ich mir von meiner letzten Olympiaprämie eingerichtet habe. Und Laufen kann ich überall. Außerdem fahre ich oft eineinhalb Stunden nach Braunschweig zu befreundeten Therapeuten. Auch sie unterstützen mich.

Dass die deutsche Elf überhaupt noch von der Olympia-Qualifikation träumen darf, liegt auch am neuen Trainer Horst Hrubesch, der die Nachfolge von Martina Voss-Tecklenburg angetreten hat. Wie hat er es geschafft, der Mannschaft nach der verkorksten WM im vergangenen Jahr mit dem überraschenden Vorrunden-Aus neues Leben einzuhauchen?  

Durch seine empathische und offene Art! Die Mannschaft hatte schon 2018 Vertrauen zu ihm gefasst, als er zum ersten Mal als Interimstrainer übernommen hatte. Er ist einfach ein Mensch, der sehr andere Menschen einzuschätzen weiß und dazu klipp und klar sagt, was er sehen möchte. Das hilft den Spielerinnen.

Nach der EM 2022 in England mit dem Final-Einzug der deutschen Mannschaft herrschte Euphorie, das Thema Frauenfußball war in aller Munde. Wie bewertest du die aktuelle Entwicklung?   

Sie ist nach wie vor positiv und vor allem nachhaltig. Die Heim-Länderspiele zum Beispiel waren immer ausverkauft. Auch die Zuschauerschnitte in der Bundesliga haben sich erhöht. Mein Ex-Klub VfL Wolfsburg ist ein gutes Beispiel: Er hat vor der EM einen Schnitt von 1500 gehabt und ist jetzt bei 3000 bis  3500 – und das sogar ohne Highlight-Spiele. Es wurde sogar ein Spiel der Frauen-Bundesliga um 18 Uhr an einem Samstag live in der ARD übertragen – so einen Sendetermin muss man in den vergangenen zehn Jahren suchen. Und wenn eine Alexandra Popp, Giulia Gwinn oder Jule Brand durch die Stadt laufen, werden sie erkannt. Vor der EM 22 war das höchstens vereinzelt der Fall.

Wie ist es bei dir: Freust du dich, in der Stadt erkannt zu wissen? 

Popularität ist Fluch und Segen zugleich. Auf der einen Seite freut man sich, weil die Leute sich für einen interessieren. Wenn aber jemand einfach kommt und sagt: „Ey, Foto“, dann nicht. Es geht um Respekt, Verständnis und Freundlichkeit. Wenn jemand nett fragt, ob es einem passt, macht man so etwas gerne. Es gibt allerdings auch Situationen, in denen man seine Ruhe haben möchte. Zum Beispiel, wenn man im Restaurant mit den Kindern sitzt und in Ruhe essen möchte. Dann hofft man auf Verständnis, dass ein Nein auch mal akzeptiert wird.

Wie bekommst du es als dreimalige Mama überhaupt hin, daran denken zu können, weiter als Profi-Fußballerin zu arbeiten?

Durch einen tollen Partner und gute Organisation! Es geht darum, ein Netzwerk zu haben. Es gibt schon immer den Spruch, ein Kind werde nicht nur von den Eltern erzogen, sondern für die Kindererziehung brauche man ein ganzes Dorf. Ich bin meiner Familie, unseren Geschwistern, meinen Eltern und Schwiegereltern unglaublich dankbar, dass wir das zusammen hinbekommen - zumal mein Mann auch in Vollzeit arbeitet. Aber so war es früher bei uns auch. Wir sind auf dem Bauernhof groß geworden, da konnte man nicht sagen, dann füttere ich die Kühe halt morgen. Es war immer Arbeit da - und ich musste mit! Und ich habe meine Kinder jetzt auch schon zu Konferenzen und Auftritten mitgehabt. Alles eine Frage der Gewöhnung.


Jury Nachwuchstalente 2024

Das Nachwuchsförderprogramm von VW FS

Elf junge Sportlerinnen und Sportler können sich in der zweiten Runde des Nachwuchsförderprogramms von Volkswagen Financial Services über eine finanzielle Förderung freuen. Eine hochkarätig besetzte Jury um Fußball-Ikone Almuth Schult und Biathlon-Olympiasieger Arnd Peiffer wählte Ende Dezember 2023 aus knapp 200 Bewerbungen Top-Talente im Alter bis 23 aus Niedersachsen aus. Aus der ersten Runde des Programms fördern VW FS weitere 19 Talente, sodass es aktuell 30 junge Sportlerinnen und Sportler sind, die der Finanz- und Mobilitätsdienstleister des Volkswagen Konzerns mit bis zu 50.000 Euro individuell unterstützt. Weitere Informationen zu dem Programm auf sporttalente.vwfs.com